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Arthur W. Manosh

Aktualisiert: 19. Sept.

Lynchmord an amerikanischem Soldaten im Juli 1944 - auch nach 80 Jahren noch barbarisch (Quellenangabe: Erdinger Anzeiger, Moosinning: Erinnerung an Lynchmord an amerikanischem Soldaten im Juli 1944)


Arthur W. Manosh Lynchmord an amerikanischem Soldaten im Juli 1944
Der 19-jährige Arthur W. Manosh (1. Reihe, 2.v.l.) auf einem Gruppenfoto, das Verwandte im Internet zur Verfügung gestellt haben. Offenbar wurde ihm seine dunklere Hautfarbe zum Verhängnis, als Fliegerhorstkommandant Wellner befahl, einen Gefangenen zum Zwecke der Zur-Schau-Stellung herauszugeben. © Renee L. Weiss/Repro: Clarissa Höschel

Erklärung:

Unweit dieser Brücke wurde am westlichen Kanalufer im Juli 1944 der amerikanische Kriegsgefangene Arthur W. Manosh von einem NS-Schergen erschossen. Dieses Schild soll die Geschichte des jungenamerikanischen Soldaten erzählen, der wie so viele vor und nach ihm - beiderseits der Feindeslinien - nie wieder seine Familie, seine Liebsten in die Arme nehmen konnte.


Grauen verjährt nicht. Mord ebenfalls nicht.

Und wenn man menschenverachtender Barbarei aus der zeitlichen Distanz heraus noch etwas Positives abgewinnen kann, dann ist es das Wachhalten der Erinnerung, verbunden mit der Mahnung an die Nachgeborenen, auch längst überwunden geglaubte Kriegszeiten als das wahrzunehmen, was sie waren: Akte größter und kollektiver Menschenverachtung. Und die hat sich beileibe nicht nur an den vermeintlich fernen und größtenteils vergessenen Kriegsfronten abgespielt, sondern in jeder Stadt und in jeder Gemeinde.

So auch im Juli 1944 in Moosinning. Dort wird nun, anlässlich des 80. Jahrestags, mit zwei

Veranstaltungen an einen barbarischen Lynchmord erinnert.


Am 19. Juli 1944 stürzte ein amerikanischer B17-Bomber über Forsterner Gemeindegebiet ab. Pilot David Franklin Haas und Schütze Edward J. Williams starben im Flugzeugwrack; an sie wird auf einem Gedenkstein beim Forsterner Kriegerdenkmal erinnert.

Die übrigen neun Besatzungsmitglieder konnten rechtzeitig mit dem Fallschirm abspringen. Drei von ihnen, Harold Alfred Little, Donald D. Black und Frank Hall Coleman, wurden auf Markt Schwabener Gemeindegebiet aufgegriffen und in Gewahrsam genommen.

Die anderen sechs landeten im südlichen Erdinger Landkreis. James D. Loomis stürzte bei Lüß (Gemeinde Neuching) zu Tode, da sich sein Fallschirm nicht geöffnet hatte. Er wurde von Pfarrer Georg Weiß und Totengräber Felix Vilgertshofer als „unbekannter Krieger“ auf dem Oberneuchinger Friedhof begraben.

Die Gefangennahme der fünf in Wifling und Oberneuching aufgegriffenen Überlebenden hatte man umgehend dem Kommandeur des Fliegerhorsts Erding, Oberleutnant Wellner, gemeldet. Dieser verfügte, sie bis zur Abholung in Gewahrsam zu behalten.

Noch am selben Tag wurden der verletzte Douglas Wade Hendricks, Franklin Davie Hersha und Peter Joseph Parialo in den Fliegerhorst überführt, während George William Bernall und Arthur W. Manosh in der Moosinninger Polizeistation auf ihre Abholung warteten.

Dort erschien dann Bürgermeister Albert Eschbaumer mit den drei Erdinger NS-Funktionären Anton Schosser (Kreisgeschäftsführer der NSDAP), Alfons Jakob Wilm (Obersturmführer des NS-Kraftfahrzeugkorps) und Josef Goldbrunner (Bannführer der HJ und Leiter des Erdinger HJ-Heims). Schosser verlangte von den diensthabenden Polizisten die Herausgabe der Gefangenen, angeblich im Auftrag von Kreisleiter Emil Breitenstein.

Die Polizisten verweigerten dies jedoch und verwiesen auf ihre Dienstvorschriften. Daraufhin führte Schosser mehrere Telefonate; Oberleutnant Wellner wies daraufhin die Polizisten an, den dunkleren der beiden Gefangenen, der in Erding zur Schau gestellt werden sollte, an

Schosser herauszugeben.


Tatortskizze des US-Militärs vom Juni 1945
Tatortskizze des US-Militärs vom Juni 1945: Eingezeichnet sind die Orte Eching (1) und Werndlfing (3) sowie die Kanalbrücke (2) als ungefährer Tatort und der Moosinninger Friedhof (4), wo der Leichnam am frühen Morgen des 20. Juli 1944 bestattet wurde. © Gemeindearchiv Moosinning/Repro: Clarissa Höschel

Schosser und Goldbrunner nahmen Arthur W. Manosh in ihre Mitte und machten sich zu Fuß auf den Weg nach Erding, Wilm fuhr mit dem Auto hinter ihnen her. Bei einer kurzen Rast zwischen Eching und Werndlfing griff Schosser unvermittelt zur Waffe und tötete den Gefangenen ohne Vorwarnung mit mehreren Schüssen. Schosser, Goldbrunner und ein zufällig anwesender Straßenwärter schleppten dann den Leichnam zum Kanal und warfen ihn ins Wasser.

Werndlfinger Bauern meldeten im Laufe des Nachmittags den im stehenden Wasser des Kanals treibenden Leichnam. Gegen Abend wurde er geborgen und am nächsten Morgen, ohne Sarg und ohne geistlichen Beistand, neben den ungetauften Kindern auf dem Moosinninger Friedhof bestattet.


Im Mai 1945 wurden Schosser, Wilm und Goldbrunner von den Amerikanern gefangen genommen und verhört. Nach Abschluss der Untersuchungen wurde Anton Schosser am

10. September 1945 wegen Mordes vor ein amerikanisches Militärgericht gestellt.

Der 42 Jährige, als machtgierig und brutal beschrieben, wurde noch am selben Nachmittag schuldig gesprochen und zum Tod durch Erhängen verurteilt.

Das Urteil wurde am 24. Januar 1946 in Landsberg/Lech vollstreckt. Wilm und Goldbrunner wurden eine Woche später vor Gericht gestellt, von der Mordanklage jedoch freigesprochen. Damit konnten sie auch vor einem deutschen Gericht nicht noch einmal für dieselbe Tat zur Rechenschaft gezogen werden. Einen Freispruch für ihr Gewissen bedeutete dies jedoch nicht.

Zu Beginn der 1990er Jahre wurden allerorten und im Hinblick auf den bevorstehenden

50. Jahrestag des Kriegsendes Dokumente und Unterlagen zusammengetragen.

Auch die Gemeinde Moosinning machte sich noch unter Bürgermeister Rudi Bayerl auf die Suche nach gesicherten Informationen zu diesem tragischen Fall. Aus dem Gemeindearchiv stammen auch die Informationen für diesen Bericht.

Im Sommer 2014, zum 70. Jahrestag, war die menschenverachtende Tat dem Bayerischen Rundfunk einen kurzen Dokumentarfilm wert, der mit historischen Requisiten in Erding und Umgebung gedreht wurde. Die Heimatzeitung hatte damals über die Dreharbeiten berichtet. Diesen Film gibt es jetzt auf Initiative von Bürgermeister Georg Nagler zu sehen.

Die gut dokumentierten Ereignisse vom Juli 1944 stehen exemplarisch für viele ähnliche, die in den Wirren der Zeit untergegangen und heute vergessen sind. Der sinnlose Tod Manoshs macht einmal mehr deutlich, wie ein totalitäres Regime der Unmenschlichkeit Tür und Tor öffnet. Die Geschichte sei allen eine Mahnung, denn schuldig ist auch, wer die Schuld

eines anderen zulässt.


Anton Schosser als Kriegsverbrecher 1945 verurteilt und 1946 durch den Strang hingerichtet
Anton Schosser als Kriegsverbrecher 1945 verurteilt und 1946 durch den Strang hingerichtet

Schweigemarsch anlässlich Bluttat in Moosinning von 1944

(Quellenangabe: Erdinger Anzeiger, Redaktion Clarissa Höschel)

Auf Initiative des Moosinninger Bürgermeisters Georg Nagler fand 2024 ein Schweigemarsch statt, der auf diesem letzten Weg des jungen Soldaten an die menschenverachtende Tat erinnern sollte.

Angeführt wurde der Zug durch die Gemeinde von der Fahnenabordnung des Moosinninger Kriegervereins. An der Fahrradbrücke hatte die Gemeinde einen Kranz niedergelegt.

Militärkenner Thorsten Blaschke, selbst in historischer amerikanischer Militäruniform erschienen, stellte für den Anlass eine historische amerikanische Flagge zur Verfügung.

Bürgermeister Nagler resümierte für die rund 20 Anwesenden die Ereignisse von damals, die in dem Lynchmord endeten. Seine Ansprache verband der Rathauschef mit der Mahnung, in jedem Moment Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen und jederzeit für die Wahrung der Menschenwürde einzutreten.


Im Gedenken versammelten sich (v.l.): Thorsten Blaschke, Konrad Hermannsdorfer, Georg Schindlbeck, Hans Vieregg, Georg Scheckenhofer vom Kriegerverein Eichenried, Bürgermeister Georg Nagler, Reinhard Pasch und Georg Uschold (Kriegerverein Moosinning) © Clarissa Höschel
Im Gedenken versammelten sich (v.l.): Thorsten Blaschke, Konrad Hermannsdorfer, Georg Schindlbeck, Hans Vieregg, Georg Scheckenhofer vom Kriegerverein Eichenried, Bürgermeister Georg Nagler, Reinhard Pasch und Georg Uschold (Kriegerverein Moosinning) © Clarissa Höschel




 
 
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